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Mit historischen Daten zeigte Shil­ler, dass Anleger, die während Phasen mit hohen Bewertungen in Aktien einsteigen, eine weit unterdurchschnittliche Kursperformance über die nächsten Jahre erwarten müssen. Der Zusammenbruch der Technologieblase nur einige Monate später gab ihm recht. Er wurde zum gefeierten Warner vor Vermögenspreisblasen, nun wurde ihm der Nobelpreis in Wirtschafts­wissenschaften zugesprochen.

Das langfristige Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), berechnet als Verhältnis des aktuellen Kurses zum zehnjährigen Durchschnitt der Unternehmensgewinne, wird heute als Shiller Price-Earnings Ratio (Shiller P/E) bezeichnet. Im langfristigen Durchschnitt liegt dieses Verhältnis in den USA bei rund 16. Die Value-Investoren Benjamin Graham und David Dodd rieten schon in den Dreissigerjahren, ein Unterschreiten dieser Marke zum Einstieg in den Aktienmarkt zu nutzen. Während der Technologieblase lag die Shiller P/E des US-Marktes  über 40, heute über 25.

Wie aussagekräftig das langfristige Kurs-Gewinn-Verhältnis ist, ist aber umstritten. So muss man das Zinsniveau in die Analyse einbeziehen: Je tiefer die Renditen auf Anleihen sind, desto interessanter ist eine Investition in Aktien. Anleger akzeptieren bei niedrigen Zinsen geringere Dividendenrenditen und höhere Bewer-

Robert James Shiller (* 29.03.1946) Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Yale University.

tungen. Steigen die Zinsen vom jetzigen Niveau nicht weiter, könnten also die Bewertungen hoch bleiben. Dann sind Aktien nicht zu teuer, sondern nur den geringen Renditen auf andere Anlageklassen angemessen.

Die Nutzung der langfristigen Gewinndurchschnitte ist umstritten. Jeremy Siegel von der Universität Pennsylvania argumentiert, dass aussergewöhnlich grosse Abschreiber während der Finanzkrise das historische Gewinnniveau zu niedrig erscheinen lassen. Dadurch werde die Shiller P/E zu hoch ausgewiesen. Doch schon während der Technologieblase wurden viele Erklärungen vor- gebracht, warum die Bewertungen nicht zu hoch seien. Als Anleger muss man sich bewusst sein: Wer sich nach dem langfristigen KGV richtet, der wird gerade bei grossem Optimismus an den Börsen gegen den Strom schwimmen.

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