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So funktioniert Value Investing

 

Benjamin Graham - Lehrmeister einer Legende

Jeder, der sich auch nur am Rande mit Finanzmärkten beschäftigt hat, kennt Warren Buffett. Woher die Ideen und Strategien stammen, die den Value-Investor zum drittreichsten Mann der Welt gemacht haben, ist hingegen weniger bekannt.

Man mag es angesichts des phänomenalen Börsen-Erfolges kaum glauben: Auch der Meister Warren Buffett war einst ein Schüler. Entscheidend für den Aufstieg zur "Wall-Street-Legende" und zum erfolgreichsten Investor der vergangenen Jahrzehnte war die Begegnung mit seinem Lehrer Benjamin Graham. Der im Jahr 1894 in London geborene Graham gilt als der Vater des Value Investing. Nach dem Studium der Fächer Mathematik, Philosophie, Englisch und Griechisch an der Columbia University entschloss sich Graham mit 20 Jahren zunächst gegen eine akademische Karriere. Stattdessen versuchte er sein Glück an der Wall Street, arbeitet in Maklerfirmen und gründete dort 1926 so etwas wie einen frühen Investmentfonds. Während des Börsencrashs 1929 verlor er einen erheblichen Teil seines Vermögens, konnte die Verluste jedoch binnen einiger Jahre wieder wettmachen.

 

 

"Spekulation und Insider-Information"

Die Krisen-Erfahrungen dieser turbulenten Zeit haben Graham geprägt. Bis zum Crash agierten die Investoren wohlwollend formuliert eher intuitiv. In den frühen zwanziger Jahren sei der überwiegende Grund für Kaufentscheidungen Spekulation und Insider-Information gewesen, schreibt das Heilbrunn Center for Graham & Dodd Investing an der Columbia Highschool über diese Zeit.

 

 

 

»Die Wall Street kennt einige Vorsichtsprinzipien. Das Problem ist, dass sie genau dann vergessen werden, wenn sie am meisten gebraucht werden.«

                                                                                                                                                                        Benjamin Graham

 

Vor dem schwarzen Freitag am 25. Oktober 1929 herrschte ein grenzenloses Vertrauen in den Markt. Es werde nur aufwärts gehen, jeder könne reich werden, dachten die Investoren. Emotionen bestimmten das Handeln. Viele Privatanleger nahmen Kredite auf, um Aktien zu kaufen. Dann kam der Knall.

 

 

Analyse statt Intuition

Ein Mann wie Graham, der durch sein Mathematik- und Philosophie-Studium gelernt hatte, analytisch zu denken, wollte sich dem irrationalen Geschehen an der Börse nicht aussetzen, das zu falschen Bewertungen von Aktien führt. Für ihn galt es, seine Anlageentscheidungen auf ein belastbares, systematisches Fundament zu stellen. Er wollte von den "falschen Preisen" profitieren. Und: Für Graham war Sicherheit das wichtigste Gebot bei der Geldanlage. Rationalität als Schutz vor Vermögensverlust: Die Idee zur Fundamentalanalyse war geboren.

Das Interesse an der praktischen Umsetzung akademischer Fragen hatte er nie verloren. Zwischen 1928 und 1957 unterrichtete Graham an der Columbia University, an der er einst selbst studiert hatte. Im Jahr 1934 veröffentlichte Graham gemeinsam mit David Dodd "Security Analysis", ein Buch, das noch heute als Standardwerk für Value-Investoren gilt. Erstmals stellten die beiden den Anlegern rationale Kriterien für die richtige Aktienauswahl vor. Im Jahr 1949 erschien schließlich "The intelligent Investor", das die Thesen verfeinert und einen mehr populärwissenschaftlichen Ansatz verfolgt.

 

 

Der verrückte Mr. Market

Um seinen Lesern zu erklären, wie irrational es an den Märkten mitunter zugeht, erfand Graham die Figur des Mr. Market. Wer die wilden Ausschläge der Märkte in den vergangenen Jahren beobachtet hat, dürfte mit Mr. Market vertraut sein. Dieser durchgeknallte Typ ist ständig aktiv. Mr. Market kauft und verkauft täglich Aktien zu unterschiedlichen Preisen, die mal plausibel erscheinen und mal nicht.

 

 

 

»Beim Investieren befriedigende Resultate zu erzielen ist leichter als die meisten Menschen glauben. Außergewöhnliche Resultate zu erzielen ist dagegen schwerer als es aussieht.«

                                                                                                                                                                        Benjamin Graham

 

Wie heißt es so schön: "Hin und her macht Taschen leer." Davor sollten sich Value-Investoren hüten. Der zentrale Gedanke Grahams ist die Sicherheitsmarge. Damit ist der Abstand zwischen innerem Wert und Marktpreis gemeint. Value-Anleger sollten Aktien nur kaufen, wenn sie unterbewertet sind.

Ob das der Fall ist, können sie mit den Methoden der von Graham mitentwickelten Fundamentalanalyse ermitteln. Graham versuchte also so etwas wie den durch Fakten gerechtfertigten inneren Wert eines Investments zu bestimmen. Kaufkriterien sind zum Beispiel unterdurchschnittliches KGV, eine hohe Dividendenrendite und eine  über Jahre hohe Gewinndynamik.

 

 

Milliardär werden dank der Value-Methode

Gelehrigster Schüler Grahams war Warren Buffett, der die Uni-Kurse seines Mentors mit Bestnoten abschloss. Er zählt seit Jahren zu den reichsten Männern der Welt. Eigentlich müsste die Buffett-Methode also Buffett-Graham-Methode heißen. Aber funktioniert die Methode heute eigentlich noch?

Viele Experten meinen, dass die Zeiten, in denen man Investoren raten konnte, gut ausgewählte Aktien lange zu halten, vorbei sind. Die hektischen Märkte verlangten häufige und schnelle Reaktionen, heißt es. Daran können Fondsanbieter, Banken und Broker natürlich blendend verdienen.

Aber ganz von der Hand zu weisen ist diese Auffassung nicht. Der Handel wird bestimmt von Rechnern, die mit Höchstgeschwindigkeit Milionen von Kauf- oder Verkaufsbefehlen ausführen. Indizes krachen binnen Sekunden ein und erholen sich ebenso schnell wieder. Fachleute schätzen, dass bereits in mehr als der Hälfte aller Fälle Computer mit Computern handeln. In den vergangenen Jahren hat die Chartanalyse immer mehr Anhänger gefunden. Der sichere Weg zum Reichtum an der Börse ist noch nicht gefunden.

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